Da mein nächster „Etappenort“ Egilsstaðir weniger als eine Stunde von Neskaupstaður entfernet lag, war eigentlich geplant, zuerst einen Abstecher in den nächsten Fjord, den Mjóifjörður zu machen. Diesen Fjord erreicht man nur über den Pass Mjóafjarðarheiði, der im Winter gesperrt ist. Zudem ist die Strasse über den Pass und entlang des Fjords nicht geteert, und genau das war nun das Problem. Mit meinem aktuellen Personenwagen könnte eine solche Piste je nach Zustand im schlimmsten Fall zu Schäden am Auto führen, die ich selber bezahlen müsste. Das wollte ich nicht riskieren,
Also habe ich umgeplant und den Besuch von Seyðisfjörður vorgezogen, den ich eigentlich erst morgen machen wollte. Da Seyðisfjörður ein Fährhafen ist, in dem die Fähre Norröna von Dänemark her anlegt, und auch Kreuzfahrtschiffe dort anlegen, ist die Passstrasse über die Hochebene Fjarðarheiði sehr gut ausgebaut, so dass sie auch Reisebusse und 40t-Lastwagen befahren können. Den Besuch im Mjóifjörður habe ich vorläufig auf den Montag verschoben.
Seyðisfjörður war von Anfang fix in meinem Programm. Ich hatte mir aus drei Gründen vorgenommen, dieses Städtchen zu besuchen, wenn wieder im Osten Islands sein sollte. Aus drei Gründen:
- Ich wollte die berühmte blaue Kirche Seyðisfjarðarkirkja (auch Bláa Kirkja genannt) mit dem Regenbogenweg davor sehen und fotografieren. Die spezielle Bauweise, die blaue Farbe und eben der Regenbogenweg haben diese kleine Kirche weit über Island bekannt gemacht.
- Am 18. Dezember 2020 beschädigten und zerstörten nach tagelangen schweren Regenfällen mehrere Erdrutsche 10 Häuser in Seyðisfjörður. Ich war neugierig, wie gross das Ausmass gewesen ist und wie es heute, nach 8 Monaten dort aussieht. Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass Seyðisfjörður längst bei mir eingeplant gewesen war, als die Erdrutsche passierten.
- Seyðisfjörður war der Handlungsort der ersten Staffel der isländisch-deutschen Krimiserie Ófærð (Trapped – Gefangen in Island), die 2015 unter anderem vom ZDF mit produziert wurde. Allerdings wurde hauptsächlich in Siglufjörður im Norden Islands gedreht, da diese Stadt näher an Reykjavík (wo die Produktionsfirma ihren Sitz hat) liegt und die Dreharbeiten dadurch günstiger wurden. Natürlich merkt man in Seyðisfjörður nichts mehr von den Dreharbeiten, aber es war spannend, einige Einstellung vor Ort wieder zu erkennen. Im Übrigen kenne ich auch Siglufjörður und hatte beim Schauen der Serie einige „Dejà-vus„.
Seyðisfjörður ist ein hübsches Städtchen, und heute war sehr schönes, warmes Wetter, und zudem Samstag. Dadurch sassen die Leute draussen in den Cafés und spazierten durch den Ort. Da gleichzeitig ein grosses Kreuzfahrtschiff, die „Viking Jupiter“, angelegt hatte, gab es auch mehrere geführte Gruppen, welche wie Lemminge einem Führer, der ein Schild mit einer Nummer in die Luft hielt, folgten. Die Gruppen waren so gross, dass es eigentlich nicht möglich war, dass die zuhinterst gehenden Teilnehmer überhaupt mitbekamen, was der da vorne erzählt. Ich weiss auch nicht, ob es sie überhaupt interessierte.
Auf der Rückfahrt über die Hochebene Fjarðarheiði entdeckte ich an der Passstrasse noch einen schönen Wasserfall, den Gufufoss, und vor der Talfahrt hielt ich noch einmal an und genoss den weiten Blick über das Tal mit dem See, an dem Egilsstaðir liegt.
Da ich trotzdem viel zu früh in Egilsstaðir war, beschloss ich, mal bei Europcar Egilsstaðir nachzufragen, ob ich allenfalls heute schon meinen Wagen wieder gegen einen SUV eintauschen könnte. Der Manager von Europcar Höfn hatte mir ja am Donnerstag gesagt, er hätte mit Egilsstaðir telefoniert, und die hätten am Sonntag einen Wagen für mich. Ich solle aber doch schon am Samstag mal nachfragen.
Nun, bei Europcar Egilsstaðir wusste man nichts von einem Anruf aus Höfn am Donnerstag. Und man hatte auch keinen Wagen in der Kategorie H1, die ich brauchte (und eigentlich gebucht und bezahlt hatte). Es war auch nicht vorgesehen, dass ein solcher Wagen demnächst in Egilsstaðir eintreffen würde. Auch hier merkte man deutlich, dass Mietwagen, besonders ab einer gewissen Grösse, im Moment in Island ziemlich knapp sind. Eine der Folgen der COVID-19 Pandemie.
Wie schon in Höfn war man aber auch hier sehr bemüht, für mich eine Lösung zu finden. Schlussendlich konnte man zumindest einen SUV mit Vierradantrieb für mich bereitstellen. Mit dem kann ich nun problemlos Schotterstrasse und Bergpässe fahren, aber er wäre zu klein, um ohne Schäden auf Hochlandpisten zu fahren. Und das steht bei mir gegen Ende der Reise noch auf dem Programm. Ich werde also versuchen, am Mittwoch in Akureyri noch einmal den Wagen zu wechseln, in der Hoffnung, dass die etwas Grösseres für mich haben.
Ich fahre also nun mit einem Suzuki Vitara weiter, meinem dritten Wagen auf dieser Tour. In Akureyri werde ich am Mittwoch nicht unangemeldet auftauchen. Dort werde ich am Montag anrufen resp mein Reisebüro bitten, sicherzustellen, dass ein solcher Wagen verfügbar sein wird.
Falls nicht, fallen zwei wichtige Strecken aus dem Programm: die Kjölur (F35) und der Ausflug nach Landmannlaugar. Das wäre sehr schade.
Morgen will ich nach Borgarfjörður. Dort soll es eine grosse Kolonie von Puffins geben. Ich bin mal gespannt, ob ich welche fotografieren kann. Nun kommt nämlich die Zeit, in der die Vögel in ihre Winterquartiere fliegen. Vielleicht sind sie ja gar nicht mehr da. Die Strasse dorthin ist nur teilweise geteert. Das ist aber jetzt mit dem Suzuki kein Problem.
Die ersten Bilder von heute sind bereit in die Bildergalerie hochgeladen.