Heute habe ich den Norden hinter mich gelassen und bin über die Kjölur nach Süden gefahren.
Als ich in Akureyri aufstand, schien dort zwar die Sonne, aber ringsherum waren alle Berge in tiefliegende, dunkle Wolken gehüllt. Also ging ich davon aus, dass es nun vorbei sei mit den sonnigen Tagen. Und nachdem ich Akureyri verlassen hatte, schien sich dies zu bewahrheiten.
Die ersten zwei Stunden Fahrt durch die Berge und über ein oder zwei Pässe waren düster bis neblig. Die ersten Kilometer auf der Kjölur verliefen in etwa so. Und wenn ich dort angehalten hatte und ausstieg, dann blies ein kalter Wind. Das war das Island, das ich kannte. 😉
Das änderte sich allerdings zusehends, je weiter südlich ich fuhr. Als ich etwa auf halber Strecke im Geothermal- und Naturschutzgebiet Hveravellir einen Kaffee trank, war am Himmel kein Wölkchen mehr zu sehen und so blieb es, bis heute Abend die Sonne unterging. Damit ist das für mich der 11. Tag in Folge mit strahlendem Sonnenschein in Island. Einfach toll.
Die Kjölur, oder besser gesagt die Kjalvegur, wie die Strasse über den Berg Kjölur heisst, ist zwar offiziell keine Hochlandpiste der F-Kategorie mehr, aber sie hat es vor allem wegen ihrer Länge doch noch in sich.
An sich ist sie mit einem Offroad-Wagen relativ einfach zu fahren. Aber 150 km Dauerschütteln und abschnittweise ständiges Ausweichen von richtig tiefen Löchern in der Fahrbahn spürt man am Abend schon.
Die Strecke ist sehr schön und abwechslungsreich. Aber ich würde sie nie mit einem Pw fahren. Grosse Bodenfreiheit, grosse Reifen und eine starke Federung erhöhen hier den Fahrkomfort ungemein. Mit einem Pw hätte ich Angst, ständig aufzuschlagen und den Wagen zu beschädigen. Ausserdem ist es dann kaum möglich, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 kmh zu fahren. Man braucht für die Strecke viel mehr Zeit.
Ich weiss nicht, wie es wäre, diese Strecke bei Regen zu fahren. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es dann ziemlich schwierig wird, und für Pw unmöglich, die Stecke in einer vernünftigen Zeit zu bewältigen.
Aber es geht natürlich noch langsamer: Mit sind heute zwar keine Wanderer begegnet, wohl aber mehrere Radfahrer. Gut, wenn es zu holperig oder zu steil wird, werden die wohl absteigen und zu Fuss weitergehen. In jedem Fall werden sie aber sicher zwei Tage für die Strecke brauchen.
Ausserdem hatte ich noch eine weitere, etwas besondere Begegnung:
Kurz nach meinem Kaffeehalt winkte mir der Fahrer eines entgegenkommenden Fahrzeugs. Als ich anhielt, erklärte der mir in gebrochenem Englisch, es würde ein „big truck“ entgegenkommen. Das hiess, an einer Stelle, an der man gut kreuzen konnte, anhalten und warten.
Ich rechnete mit einem grossen Hochlandfahrzeug, mit dem Touristen hier an die entlegensten Orte gebracht werden. Aber es kam ein grosser Lastwagen mit Anhänger den Berg hinauf gekrochen. Und auf dem Anhänger hatte der einen ausgewachsenen Schaufelbagger geladen. Die bauen da oben also irgendwas.
Als ich dann gegen drei Uhr Nachmittags wieder asphaltierte Strasse erreichte, hielt ich an zwei Sehenswürdigkeiten, die sowieso an der Strecke lagen: dem Gullfoss (der Goldene Wasserfall) und dem Strokkur (dem Grossen Geysir). An diesen beiden Orten war ich vor drei Jahren auf meiner ersten Islandreise schon einmal. Aber dieses Mal war etwas ganz anders: es hatte, CORONA sei Dank, praktisch keine Leute dort.
Danach waren es nur noch zwanzig Minuten bis zu meiner nächsten Unterkunft, dem Sel Guesthouse. Hier bin ich noch auf jeder meiner Reisen durch Island abgestiegen, und werde auch dieses Mal für zwei Nächte bleiben, bevor ich dann am Freitag Richtung Flughafen fahren muss.
Morgen möchte ich auf die Westmännerinseln fahren, wenn das Wetter so bleibt und ich die Fähre erwische.